Wochenbeginn und Kharma


Meine Woche startete diesmal im Atelier und ich habe viel an neuen Produkten gearbeitet, bei denen ich denke, dass sie sich gut verkaufen lassen. In den nächsten Wochen wird der Markt vor unserem Laden eröffnet und ich bin schon sehr gespannt, welche Produkte am besten Absatz finden.

Dienstag Mittag bin ich dann zu Freya aufs Dorf geradelt. Bei klirrender Hitze ist mir auf einer einsam befahrenden Straße der Fahrradreifen geplatzt. Via Handy konnte ich niemanden erreichen und so war ich einfach nur glücklich, als ein freundlicher Mann mit Motobike mir angeboten hat, mich zur Arbeit zu bringen. Ich und ja sogar mein Fahrrad saßen dann hinten drauf. Das musste ein Anblick für die Götter gewesen sein. Nach zirka 2000m war ich dann bei KKO1 angekommen. Nach Erfahrung wusste ich schon, dass sich der Mann mit zwei Dollar zufrieden stellen würde, aber da hatte ich mich deutlich getäuscht. Er war sehr eingeschnappt und verlangte 10Dollar für die kurze Hilfsstrecke !!! Ich habe nie 10 Dollar in meinem Rucksack, aus Angst vor einem Überfall. Also sagte er, er würde so lange auf mich hier warten, bis er 10 Dollar bekäme.

Ich bin dann erst mal in meine Nähklasse und habe die Khmer gebeten, ihn zu bändigen, aber auch sie konnten nicht mit ihm verhandeln. Nach etlichem Diskutieren hatte der Mann von mit die geborgten 5 Dollar erhalten und ist fluchend weggefahren und sagte mir noch frech, ich sei eine bösartige Person.

An dem Dienstag hatte mich das ganz schön mitgenommen und als ich am Abend in Pharys Haus Deutschunterricht gegeben habe, meinte sie man soll bei solchen Menschen lieber damit drohen, die Polizei zu rufen, denn dies sei die einzige Chance den Fahrer loszuwerden. Und sie meinte auch, dass er eine Klatsche gehabt haben muss.

Im Nachhinein habe ich daraus gelernt, denn so nett auch jemand lächelt und auch in einer Notsituation, lieber vorher fragen, was der Weg kostet und dreimal schauen mit wem man mitgenommen wird.

Dazu glaube ich an Kharma. Das bedeutet, dass wenn eine Person böswillig einer anderen Person Leid zu fügt, eine höhere Macht denjenigen dafür bestrafen und die leidende Person beglücken wird.

Und ob man es glaubt oder nicht, es hatte geklappt, denn schon am nächsten Tag kamen die so sehr ersehnten Päckchen aus Deutschland zu mir an die Nähmaschine und ich bin vor Freude im Quadrat gesprungen. Der Bote meinte nur lachend : „Ot panjahä“ - no problem for cambodia !

Der Inhalt wird in vollen Zügen genossen und ich habe noch nie so ein tolles Fahrradlicht gehabt. Ich hüte es nun wie meine Geldbörse und Freya sagt, in meiner “Ganzkörper - Beleuchtung“ sehe ich aus wie ein Ufo und ich würde den Khmern Angst einjagen, aber das ist mir egal, denn endlich kann man mich in der Dunkelheit richtig sehen und auch für meine Mitfahrer wird der Weg erleuchtet. Der ganze Mittwoch war ein glücklicher Tag und so war der Frust von gestern schon verflogen.Am Donnerstag haben wir am Abend den Geburtstag von Paul gefeiert. Wir haben uns in der bekannten Pub-Street getroffen und sind in ein feines Indisches Restaurant gegangen. Dort habe ich das erste Man seit meiner Ankunft wieder bedenkenlos Hühnchen gegessen.


 

 

22.10 Happy birthday PAUL !

Heute ist Freitag der 23.10.15 und somit das Ende der siebten Woche in Kambodscha. Die vielen Feiertage kommen uns Freiwilligen hier zu Gute und wir unternehmen tolle Dinge. Heute sind wir zu einer traditionellen Hochzeit von dem Onkel von Pharys Mann eingeladen. Die Hochzeitszeremonie dauert zwei Tage. Heute ist eigentlich nur die engste Verwandtschaft anwesend, aber Phary möchte, dass wir einen nahen Einblick in die Zeremonie bekommen und Teil der Familie sind. Ich bin schon sehr aufgeregt, denn neben mehreren Kleiderwechseln, steht auch ein professionelles Make-Up für uns an.

Unsere Kleider haben wir auf dem Psar Leu (Psar=Markt) erworben und ich habe meins noch geändert und mit Perlen bestickt. Je mehr es hier glitzert, umso schöner ist es. Dazu gibt es noch silberne Schuhe, alles natürlich von Gucci (Label im Kleid) , aber natürlich asiatisches Gucci. Freya und ich tragen das gleiche Kleid, nur ist meins grün und das von Freya rot. Die Preise waren auch unterschiedlich, da ich einen glücklichen Tag auf dem Markt hatte und nur ein Zehntel von dem eigentlichen Preis bezahlen musste. Das Handeln liegt mir sehr gut, da ich bekannt für mein Knausern bin. Selbstsicher und energisch bekomme ich die Ware zu 90% zu den von mir gewünschten Preis. Es macht großen Spaß in dem großen und zum Teil sehr engen und unübersichtlichen Markt um Preise zu fälschen. Es gibt dort so ziemlich alles erdenkliche zu kaufen.

23.10 Traditionelle Hochzeit

Mitten in einer kleinen Gasse fand am Freitag die erste Zeremonie der Hochzeit statt. Es wurde ein buntes Tor aufgestellt und Teppiche in sämtlichen Farben ausgelegt. Links und rechts davon wurde ein langer Gang aus Plastikstühlen mit kitschigen, gelben Hussen erstellt. Freya und ich sind stets die Attraktion in Person gewesen. Für viele Kambodschaner, besonders vom Dorf sind weiße Menschen immer etwas Fremdes und Aufregendes. Wir konnten am Freitag schlicht gekleidet gegen Mittag zur Zeremonie erscheinen.


Es ging hauptsächlich um das symbolische Haarschneiden des zukünftigen Ehepaares. Alle Gäste sind hinter das Paar getreten und haben mit Kamm und Schere die Haare gekürzt. Das geschnittene Haar verwandelt sich dann anschließend zu Gold und beschert dem Paar Glück und Reichtum. Dazu gab es laute Musik und alles wurde fotografiert oder gefilmt. Als wir dann an der Reihe waren, die Haare zuschneiden und Parfüm um das Paar zu spritzen waren alle Zuschauer sehr gespannt, wir beide haben das eher mit viel Humor hinter uns gebracht, denn die einzelnen Schritte waren bei der Aufregung schnell vergessen.



Dann gab es Mittagessen und es wurden schnell runde Tische im Gang aufgestellt und es gab Fisch, Suppe mit diversen Fleisch und nichts für mich (außer Reis). Wenn es heiß, laut ist und die Fliegen mitfuttern kann ich meistens keinen Bissen runter bekommen.

Im Anschluss kamen Mönchen und wir sind in das Obergeschoss eines Hausen gegangen und das Brautpaar bekam den Sengen der heiligen Mönche. Das Paar sah anders als in unserer Kultur nicht wirklich verliebt aus, und sie haben auch nur ganz selten gelächelt. Ich frage mich, ob das eine arrangierte Hochzeit ist, oder die Kultur „verliebt sein“ nicht öffentlich anerkennt. Die traditionelle Bekleidung des Paares und der Brautjungfern hat mir sehr gut gefallen. Dennoch passt hier so vieles für mich nicht zusammen. Das viele kitschige Plastik – Glitzer und der sandige Boden. Die prunkvollen Hosen und Schärpen sind nur mit Stecknadeln zusammen gesteckt und die Schminke der hübschen Khmer - Damen ist zu dick aufgetragen, weil die heiße Sonne es schmelzen lässt.

Ich dachte die Brautjungfern seien gerührt von der Zeremonie und weinten, aber Phary meinte, es sind wohl die Kunstwimpern, die in die Augen stechen.

Trotz der Verwirrung meinerseits, bin ich mal wieder überwältigt von den vielen neuen Eindrücken.


24.10 Höhepunkt der Hochzeit

Samstag waren wir bereits um 6:30Uhr erneut an dem bunten Tor. Dieses Mal sahen alle Verwandten schon viel festlicher gekleidet aus. Jeder Gast bekam eine Schale mit Opfergaben. Diese waren sortiert. Es gab wertvolles Obst, leckeres Gemüse und naja äähhm rohes Fleisch.

Die Gäste stellten sich etwas abseits vom Tor in einer langen Reihe auf. Jeder hatte einen Partner. Da Phary leider zu spät kam, mussten Freya und ich alleine durch die Zermonie. Netter Weise haben wir Opfergaben von den Gästen bekommen.


Freya bekam einen Kohl und ich einen Kürbis. Als wir uns einfach einreihten, lachten die Gäste und zeigten auf den Schwanz der langen Menschenreihe : „ das junge Gemüse soll gefälligst nach hinten“. Direkt hinter uns war dann nur noch das rohe Fleisch und der gut duftende rohe Schweinekopf am Morgen. Der vertreibt Kummer und Sorgen. Wir haben sehr viel gelacht, weil plötzlich alle mit uns und dem Schweinekopf Fotos machen wollten. Als wir dann weit genug vom Tor weggelaufen waren und ich meinen Kürbis – Partner gefunden hatte, ist die Parade wieder zu dem bunten Tor gelaufen und alle sind der Reihe nach und vegetarisch geordnet in den Gang gelaufen und haben sich gesetzt. Da der Kürbis ziemlich schwer war, gab mir eine süße alte Frau ihre Limetten und ich konnte ganz weit vorne am Brautpaar sitzen. Dann kamen zwei “Schauspieler“ und sammelten mit Gesang das Obst und Gemüse der Gäste ein, niedlich gekleidete Kinder halfen den beiden.

Der Schweinekopf war zum Glück nun weiter entfernt und ich musste ihn nicht mehr riechen. Ich denke die morgendliche Zeremonie symbolisierte, dass das Paar nie hungern soll und viele Freunde und Verwandte besitzt. Dann gab es ein Frühstück und es wurde Reissuppe mit Allerlei serviert und dazu ähnliches Gebäck wie Spritzkuchen, welches in die scharfe Suppe getunkt wurde.


Im Anschluss daran trafen sich wieder alle Gäste im Obergeschoss auf dem Holzboden und die zwei Schauspieler tanzten und sangen vor einer Holztür und erwarteten die schöne Braut.

Der Bräutigam kniete bereits vor weiteren Opfergaben und legte seine Hände auf ein langes, goldenes Kissen. Die Braut sah aus, wie in einem Märchen, dieses Mal komplett in einem goldenem Gewand. Ein heiliger Mann sprach den Segen für die beiden und hat die Verstorbenen in den Raum eingeladen, um sie sehen zu lassen, dass ab jetzt das Paar zusammen ist und nicht getrennte Wege gehen darf (quasi geistliche Zeugen) . Meine Beine sind mehrfach eingeschlafen und das lange auf dem Boden knien, geht auf die Wirbelsäule, aber da die alten Frauen das auch problemlos schaffen, war ich motiviert es auszuhalten. Gegen Ende der langen Zeremonie sind alle Gäste zum Paar gegangen und haben ihnen heilige, rote Bänder um das Handgelenk gebunden und Geld in die Hände des Paares gelegt.

Es wurden viele Fotos geschossen und Freya und ich waren manchmal eine größere Attraktion als das Brautpaar.

Dann gab es Mittag und mir fielen die Augen ständig zu, so hatte ich entschieden vorerst für einen kurzen Mittagsschlaf nach Hause zu fahren.


Der kurze Schlaf tat mir sehr gut und schon um 13:00Uhr ging es zu Pharys Haus, um dort ein professionelles Styling für die Party und damit letzte Phase der Hochzeit zu bekommen.

Der Friseur Salon war wirklich schön und ich fühlte mich, wie eine Prinzessin.

Dennoch denke ich, dass mir die viele Schminke gar nicht steht, denn ich bin eher ein heller Typ und die blauen Augen wirken mit dem schwarzen Eyeliner fast gruselig.

Nach zirka zwei Stunden war unser Styling dann fertig und wir sind zurück zum Haus gefahren. Dort hatten wir dann noch Zeit für Fotos und das Anziehen der Kleider, ich hatte mich lieber mit den so süßen, neugeborenen Katzenbabys beschäftigt. Die Khmer mögen keine Katzen, aufgrund deren charakterlichen Eigenschaften. Ich denke sie konnten nicht wirklich verstehen, wieso ich so verzückt war.


Dann ging es endlich los. Alle sagten, ich würde wie ein anderer Mensch aussehen, wie eine echte Khmer-Frau oder eine Schauspielerin. Ich musste mich erst an den Stil gewöhnen. Dann sind wir gemeinsam zu dem Restaurant an der River Side, mitten in der Stadt gefahren - zum Glück im klimatisierten Auto.


Dort angekommen waren alle begeistert und machten viele Fotos von uns vor dem Restaurant auf dem großem Parkplatz. Dann kam ein großer Bus mit hellen Asiaten, wir tippten auf Japaner, oder Chinesen. Und alle versammelten sich um uns uns fotografierten. Ich fühlte mich wie Britney Spears in ihrer Glanzzeit. Endlich innen angekommen, gab es ungefähr 50 runde Tische mit jeweils acht Personen. Es war sehr voll und es gab live Musik, vom kambodschanischen Elvis (so haben wir ihn getauft). Die Khmer waren so begeistert von uns, dass jede Bewegung mit dem Fotoapparat festgehalten wurde. Wir wussten, dass wir auch auf die Bühne mussten, also hatten wir entschieden ganz ganz viel Bier zu trinken und somit lockerer zu werden. Ich habe ohne Ende getanzt und dann wollten alle Männer mit mir tanzen und ich bekam keine Pause mehr. Es war herrlich lustig, denn die Musik und auch der Tanzstil ist so anders als in Deutschland – wehe man berührt sich gegenseitig ! Ich habe dann die Tanzstile kombiniert und zu später Stunde wurde sogar extra für uns Jennifer Lopez gespielt und wir waren On stage !!!

Es war ein toller Abend und die vielen netten Leute werde ich im Herzen behalten, ich denke nun, dass mich ganz Siem Reap kennt. Es war sehr interessant die Bräuche der Hochzeit live mitzuerleben.


Ganz viele Grüße und ich beneide euch nicht, dass es bei euch langsam kälter wird !

So schicke ich hoffentlich etwas Wärme und Sonne in eure Gedanken ….