Die dritte Woche ist geschafft !

Die Regenzeit war hier bisher ungewöhnlich trocken. Dafür habe ich nun in meiner dritten Woche die eigentliche Regenzeit kennengelernt. Die Temperatur ist auf ein angenehmes Niveau gesunken und der Regen fällt schnell, kurz und intensiv. Innerhalb kürzester Zeit stehen die Straßen und Gehwege unter Wasser und die Verkehrsteilnehmer sehen in ihren bunten, großen Schutzfolien mit Zipfelmütze aus wie Wichtel auf der Flucht. Mir macht es großen Spaß, wenn beim Fahrradfahren meine Waden unter Wasser sind und ich eine lange Spur, wie in einem Boot hinterlasse. Nur sieht man die Schlaglöcher leider nicht mehr. Das Wetter soll wohl noch ein bis zwei Wochen anhalten.


Die dritte Woche war auch die erste Woche, in der ich völlig auf mich alleine gestellt war. Ich habe den Unterricht der Nähwerkstatt KKO1 auf dem Dorf begleitet. Mein Arbeitstag beginnt um 7:30Uhr und daher verlasse ich als erstes das Haus. Der Weg zur Arbeitsstätte ist ungefähr eine halbe Stunde von meinem Haus entfernt und führt vorbei an Wasserbüffeln, weißen Kühen und neongrünen Reisfeldern. Die Straße ist breit und übersät mit vielen Schlaglöchern. Die Einheimischen auf dem Land sind es nicht gewöhnt eine vermeidliche Touristen mit einem himmelblauen Fahrrad zur Arbeit fahren zu sehen. Sie schauen irritiert und lächeln oft. Die großen offenen Transporter fahren Arbeiter mit karierten Kopftüchern raus aufs Feld und ich treffe häufig kleine Kinder in Schuluniform, die auf dem Weg zur Schule sind. Und natürlich werde ich von vielen Straßenhunden begutachtet und angebellt, aber ich bilde mir ein, dass sie mir nur Guten Tag sagen möchten.

Die Arbeit macht mir großen Spaß. Zum Wochenbeginn haben wir die neuen Schüler begrüßt, den Vertrag vorgestellt und Fragen beantwortet. Die Klasse besteht aus acht Schülern, darunter sogar zwei Jungs. Allen Schülern wird hier bei KKO eine kostenlose Bildung ermöglicht und sie werden meist aus den ärmeren Dörfern ausgewählt. Ihre Zukunft ist mit der Ausbildung bei uns auch gesichert, da die Lehrer dafür sorgen, dass alle Schüler an einem Englisch Unterricht teilnehmen können und sie bestens auf einen eigenen Laden vorbereitet werden. Der Anteil, der nach der Ausbildung in die großen Fabriken geht ist nur sehr gering. Die besten Schüler haben die Möglichkeit bei KKO einzusteigen.

Nachdem alle den Vertrag unterzeichnet hatten, haben wir begonnen an den Maschinen zu üben. Vorerst ohne Faden und später sogar mit. Dann sollten alle Schüler einen kleinen Beutel arbeiten, um den Leistungsstand zu erfassen. Die Schüler sind zwischen 15 und 25 Jahre alt und demnach waren die Ergebnisse bunt gemischt.


Am Dienstag wurden die Fähigkeiten der Handarbeit überprüft. Ich habe fleißig mitgemacht und bin jetzt Meisterin im Knopfloch per Hand nähen. Handsaum und Co. gehörten natürlich auch zu den Aufgaben der Schüler. Die darauffolgenden Tage haben wir begonnen in das Schnitt Erstellen einzuführen. Zuerst wurde erklärt wie man korrekte Maße am Körper erfasst. Ich hatte große Freude den anschließenden Test zu beobachten, in dem sich immer gegenseitig zwei Schüler vermessen sollten. Das Gekicher war groß und ich konnte mich genau an meine ersten Tage im Lette Verein erinnern. Am Donnerstag haben wir dann begonnen einen Hemdschnitt zu erstellen und ich war verblüfft, wie das in Kambodscha funktioniert.

Dann überraschte mich meine blöde Woche und ich war wie immer unvorbereitet. Bin dann im Leichen Modus zur Lehrerin und habe mit Händen und Füßen versucht zu erklären, dass es mir schlecht geht. In KKO1 wird ausschließlich Khmer gesprochen und nur Someas kann etwas Englisch. Sie hat mir dann etwas aufgeschrieben und mich zum nächsten Laden geschickt. Das war schrecklich, denn die Männer schienen nicht zu verstehen was da stand, erst als zufällig eine ältere Dame mit ihrem Rad anhielt und mir half konnte ich das passende Produkt in der hintersten, verstaubten Ecken im Laden finden. Das jetzt noch in einer kleinen Kammer mit Plumsklo anzuwenden verlangt nach großem Geschick, eine fette Kröte saß auch noch daneben und bewegte sich zum Glück nicht. Mir ging es dann nach zwei Stunden immer schlechter, da leider immer mein Kreislauf darunter leidet, also beschloss ich nach Hause zu fahren und ich verspreche mir ab heute immer etwas dabei zu haben, auch Tabletten !!!

Die Wochen gehen rasend schnell vorbei. Am Freitag arbeiteten wir weiter an dem Schnitt für ein Damen Oberteil. Unsere jüngste Schülerin bewegte mich am Freitag sehr. Da ich feststellen musste, dass sie mit 15 Jahren weder Lesen, Schreiben noch Rechnen konnte. Dabei ist Rechnen eigentlich eine so wichtige Sache für das Schnitterstellen. Selbst 40/2 war für sie nicht zu lösen. Als dann die Lehrerin sie mit ihrem Holzlineal tadelte schossen mir schon die Tränen in die Augen und ich bin unauffällig aufs Plumsklo verschwunden. Selbst der Trick mit dem Maßband ist für sie eine Qual. Sie sucht die Zahl 40 und halbiert dann das Band. Nach längerem Warten und vielen Anläufen fand sie das Ergebnis und konnte die Zahl nennen. Dennoch fand ich das Verhalten der Lehrerin etwas schwierig, da sie auch nach dem Ergebnis noch in Khmer sagte : „Du bist ja super schlau !“ und alle lachten.

Ich habe immer das Gefühl ich müsste ihr helfen. Ich werde mich mal auf die Suche machen und einen Taschenrechner kaufen, vielleicht versteht sie den zu benutzen.


!!! Wochenende !!!

Meine lieben Mitbewohner Philipp und Freya

Endlich wieder Wochenende ! Dieses Mal habe ich mich besonders gefreut, weil mich ein alter Schulkollege aus der Salvator Schule mit zwei Freundinnen besuchte. Emils Freundin studiert für ein Semester in Bangkok und er versucht sie so oft wie möglich zu besuchen. Gemeinsam sind wir durch zwei Bars gezogen und es war ein sehr netter Abend und ich weiß nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin. Am nächsten Tag viel mir die Unterrichtsstunde in Deutsch demnach schwer. Es ist immer lustig, wenn ich betrunken in mein Bett falle, da ich eigentlich immer nur in vollkommener Ordnung einschlafen kann. Und als ich morgens ins Bad taumelte und mein Handtuch voller Zahnpaste war und alles bunt auf dem Boden verteilt lag, musste ich schon ziemlich schmunzeln. Am Samstag sind wir dann mit dem Tuk Tuk zum Tonle Sap gefahren. Nach einer Stunde fahrt schmerzte mir der Hintern, da die Straße dorthin wahnsinnig uneben war.

Dort angekommen hielt der Tuk Tuk Fahrer vor einem Haus, wo wir Bootstickets kaufen sollten. Der Mann hatte eine Uniform an und eine schwarze Sonnenbrille und sagte in einem abwertenden Ton : „ 21 Dollar for each person. “ ich hatte nicht mal soviel mit und schüttelte den Kopf. Dann haben wir uns hingesetzt und diskutiert was wir bereit wären für eine Bootstour auszugeben. Während langsam immer mehr Männer sich am Stand sammelten, wurden wir uns einig maximal 10 Dollar pro Person zahlen zu wollen. Wir versuchten auf Englisch mit dem korrupten Mann zu verhandeln, aber er wollte dann noch immer 20 Dollar pro Person.

Nachdem alle beleidigt waren, fingen Freya und ich an auf Khmer zu sprechen. Sätze wie, das ist sehr teurer, wir haben kein Geld und vor Allem : „job paroy!“ (oh nein, wie schade, Käse) machten die Männer zu völlig anderen Menschen. Und wir konnten endlich handeln. Natürlich in Khmer.

Nachdem wir dann noch so getan hatten, als wenn wir wieder gehen, rief uns der Mann unsere 10Dollar hinterher. Juhu wir hatten in Khmer über 50% Discount bekommen und waren darüber sehr stolz.

Mit einem bunten Boot ging es dann einen langen, schmalen Fluss entlang zu den auf Wasser gebauten Dörfern. Sie waren sehr hübsch anzusehen und ich habe meine Hochachtung vor den Menschen, die dauerhaft im Wasser leben. In kleinen, schwimmenden Käfigen wurden Schweine gehalten und an jedem Haus gab es einen süßen Balkon mit vielen Blumen. Die Bäume ragten aus dem hellbraunen Wasser, indem viele Kinder tobten. Man erzählte uns, dass zur Trockenzeit das Wasser wieder völlig verschwindet und die vielen tollen Pflanzen und Bäume ihr grün wieder verlieren. Auf dem Tonle Sap angekommen, überkam mich ein mulmiges Gefühl. Das Wasser war ruhig und man hörte nichts. Es war hell und der Himmel war weiß und nebelig. Der Übergang zwischen Wasser und Horizont war nicht zu erkennen, fast wie im Himmel.


Am Abend sind wir noch alle zusammen zum Khmer barbecue gegangen und ich habe sehr viel gegessen. Heute ist Sonntag und ich lasse den Tag ruhig angehen und werde nachher noch mit Freya zur Massage für (60min = 3Dollar) gehen.


Seit alle ganz doll gegrüßt